Lobbyismus für Fortgeschrittene beim Europäischen Datenschutztag 2013

Kennen Sie den Film „Thank you for smoking“ des Regisseurs Jason Reitman? In der Satire aus dem Jahr 2005  geht es um drei Lobbyisten der Tabak-, Alkohol-, und Waffenindustrie, die sich unter anderem in regelmäßigen Treffen gutgelaunt darüber austauschen, wer in seinem Job die meisten Toten zu rechtfertigen habe.

Lobbyisten werden immer da gebraucht, wo zweifelhafte Anliegen von finanzstarken Unternehmen der breiten Mehrheit (auch, je nach politischer Ausrichtung, bekannt als: Volk, Kundschaft, proletarischer Pöbel) schmackhaft gemacht oder Einfluss auf die Politik, also der Vertretung eben jener Mehrheit, ausgeübt werden soll. So geschehen auch beim gestrigen Europäischen Datenschutztag 2013. Sagt jedenfalls DIE ZEIT online, und der glaube ich jetzt mal.
Die geplante neue EU-Datenschutzrichtlinie soll den Bürgern mehr Schutz Ihrer Grundrechte in Form von mehr Kontrolle über Ihre persönlichen Daten gewähren. „Grundrechte?!? Das wär ja noch schöner!“ scheinen sich da die Cheflobbyisten von Facebook und Microsoft gedacht haben und sind prompt zur Tat geschritten. Tanja Böhm, Manager of Government Affairs (toller Jobtitel! Klingt so gar nicht nach Grima Schlangenzunge, meint aber in etwa das gleiche) bei Microsoft Deutschland, hat gleich mal mit Preiserhöhungen für die Nutzer gedroht, sollten die die Frechheit besitzen, die Kontrolle über Ihre Daten behalten zu wollen. Hat sie zwar nicht wörtlich so gesagt, aber gemeint. Auch Erika Mann, Cheflobbyistin bei Facebook, sieht einige Geschäftsmodelle von Facebook bedroht, sollte die EU auf scharfen Richtlinien und gar hohen Strafen – man spricht von bis zu 2% des Jahresumsatzes – bei schweren Datenschutzverstößen bestehen. Kann man das rumgedreht so interpretieren, dass einige Geschäftsmodelle von Facebook darauf basieren, dass Facebook schwere Datenschutzverstöße begeht? So rein logisch gesehen, meine ich…

Auch unsere Freunde in den USA spielen das Spiel. So hat beispielsweise Google im Jahr 2012 schlappe 16 Millionen Dollar dafür investiert, in den USA „Zugang“ zu Kongressabgeordneten und Mitgliedern des Weißen Hauses zu bekommen, um dort Einfluß auf die Entscheidungsfreude der Politiker in ihrem Sinne zu nehmen. Ist Bestechung und Bestechlichkeit nicht strafbar? Oder interpretiere ich das wieder mal völlig falsch? Wahrscheinlich…

Wer mehr über die finanziellen Aufwände der Google, Facebook, Amazon zum Thema Lobbyarbeit erfahren möchte, kann hier nachschauen.

Übrigens, das Lobbyisten-Dreigestirn aus „Thank you for smoking“ wird dort „MOD-squad“ genannt, wobei MOD für „merchants of death“ (Händler des Todes) steht. Die Abkürzung passt ja dann auch auf Google, Facebook, Amazon ganz gut: merchants of data.

Thank you for reading!

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